Vor einigen Jahren las ich einen jammernden Bericht eines Schulleiters, der aus großer Distanz zu den Menschen und den Dingen, gepaart mit viel Zynismus aus seinem beruflichen Alltag berichtete. Stets ging es um Kampf, um Feindbilder und einen Bericht von der Schul“front“, an der immer nur die anderen dumm waren. Diesem Buch fehlte es ganz einfach an so vielem. Entnervt warf ich es nach einer Dreiviertel-Lektüre in die Ecke.
Nach zahlreichen Büchern über Lehreralltag, nur einem mir bekannten Buch über Referendar-Alltag gibt es jetzt endlich ein offenes und humorvolles Buch über ein „Schuljahr“ eines Schulleiters. Ulrich Knoll, selbst ehemaliger Schulleiter schreibt über den (so der Untertitel) „ganz normalen Wahnsinn: Erlebnisse eines Schulleiters“.
Worum geht’s?
Der Schulleiter, vom Autor Knoll hier liebevoll Knorr genannt, durchlebt mit den Lehrerinnen und Lehrern, dem Hausmeister, den Schüler/innen und dem Beamten des Kultusministeriums kurze, unterhaltsame Episoden. Einzelne Personen treten im Buch häufiger auf, andere nur einmal. Herrlich (überzeichnet und) auf die Spitze getrieben sind die Beschreibung von Frau Plechschmidt-Hammerstein. Sie ist eine chronisch über Belastung klagende Kollegin. Ebenfalls geht es oft um Anforderungen des Kultusministeriums und den lautstarken Hausmeister.
Roman, Doku, Fiktion, Satire?
Es is kein Roman und keine Dokumentation. Gibt es einen Spannungsverlauf? Fehlanzeige, denn so ein Schuljahr folgt natürlich einer eigenen Dramaturgie und in diesem Sinne hat das Buch keinen Höhepunkt, keine Entwicklung. Es ist: eine fiktive und zugleich realistische Beschreibung des Schulalltags aus der Sicht eines reflektierten (zur Selbstironie fähigen) Schulleiters.
Aufbau und Duktus?
Das Buch ist in 10. Kapitel unterteilt und führt von „1. Vor Schuljahresbeginn“ bis „10. Der letzte Schultag“ einmal quer durchs (Schul-)Jahr.
In allen Geschichten, die Knoll über den Alltag des Schulleiters erzählt, wird er nie klagend, wehleidig oder verletzend. Er versteht es, auch in den Schwächen seiner Mitmenschen noch eine warme, herzliche Seite zu sehen. Mit einem freundlichen Lächeln blickt er auf der einen Seite auf die Dinge, die in der Schule passieren, eben weil hier sehr unterschiedliche Menschen mit sehr unterschiedlichen Zielen aufeinander treffen. Da gilt es Streits zwischen Schülern und Lehrern zu schlichten oder Probleme mit Kollegen oder Eltern zu lösen. Manchmal beobachtet der Schulleiter diese skurrilen Momente auch nur. Mit wachem, fragend-skeptischem Blick schaut er auf der anderen Seite zugleich auf die Dinge, auf die es in Schule auch ankommen sollte, ankommen muss: guter, wirksamer Unterricht in einer Schule, in die alle Beteiligten gerne gehen. Modernen Unterricht, in dem Schüler etwas lernen.
Wer kann sowas mögen?
(Angehende) Schulleiter vielleicht, weil sie Typen oder bestimmte Situationen wiedererkennen werden. Lehrer möglicherweise, wenn sie über sich lachen können. Wenn sie sich fragen, was denn so ein Schulleiter (trotz, wegen oder) mit so wenig Unterrichtsverpflichtung den ganzen Tag so treibt. Eltern oder andere Personen, die nicht täglich in der Schule sind, die sich fragen, ob der Beruf des Schulleiters ein schöner sein kann (er kann!) und warum ihn derzeit dennoch nicht sehr viele Lehrer ergreifen wollen. Denn er ist anders, vollkommen anders als der Beruf des Lehrers. Davon erzählt dieses Buch.
Das Buch „Schuljahr“ von Ulrich Knoll ist im Schwarzkopf-Verlag erscheinen, hat 260 Seiten und kostet beim lokalen Buchhändler oder im Versandhandel €9,95.
Ein Gedanke zu „U. Knoll: „Schuljahr“ (Rezension)“
Ich gebe zu, an der Story ist nichts erfunden, nichts übertrieben, nur die Namen wurden etwas verfremdet.
Selbst als Namenlose würden sich die Betroffenen anhand gewisser Hinweise wiedererkennen.
Insofern handelt es sich wohl eher um den Versuch einer Abrechnung des Autors (ein „Ätsch“, s. dort).