Rezension: Islamismus in der Schule

Das Phänomen „Islamismus“ ist auch in den Schulen angekommen und führt bei Lehrkräften und Schulleitungen zu Unsicherheit. Woran erkennt man islamistischen Tendenzen unter Schüler/innen und wie begegnet man ihnen? In dem Sammelband „Islamismus in der Schule“ der Herausgeber Jan-Friedrich Bruckermann und Karsten Jung sind 13 Artikel von Akteuren ganz unterschiedlicher Profession zusammengestellt, die erste Impulse geben.

Der Studienrat Karsten Jung mit den Fächern evang. Religion und Geschichte erlebte selbst, wie ein Schüler des 11. Jahrgangs scheinbar spontan ausstieg und sich als Kämpfer dem sogenannten IS anschloss. Auch wenn Jungs Artikel („Islamismus als religionspädagogische Herausforderung“), in dem er diese Erfahrung kurz beschreibt, im Buch erst zu Beginn des letzten Drittels steht, so bedeutete seine Erfahrung doch den zeitlichen Ursprung, den Ausgangspunkt des Buches. Was kann eine Schule, was kann man als Pädagoge präventiv oder auch reaktiv tun?

Im Vorwort werden drei Prämissen des Buches genannt:

  1. Bei der Bekämpfung des Islamismus an Schulen müssen viele Kräfte zusammenwirken. In diesem Buch kommen daher Schulsozialarbeiter, Lehrkräfte, Polizisten, Juristen und Wissenschaftler zu Wort.
  2. Islamismus ist nicht alleine ein soziales Problem. Mit diesem vielleicht zunächst überraschenden Gedanken (der im Buch gut erläutert wird), ist klar, dass auch religionspädagogische Kompetenz zur Deradikalisierung notwendig ist.
  3. Die dritte Prämisse ist das Bekenntnis zum freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Es muss möglich sein, so die Autoren, „das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen unter den Regeln, die der Rechtsstaat vorsieht, zu organisieren.“

Rezension Islamismus in der SchuleDas Buch wird dann im Vorwort in drei Teile gegliedert. Diese sind zwar im Inhaltsverzeichnis so nicht zu sehen, die aber in den Artikeln deutlich werden: Der erste Teil klärt über Islamismus, die Hintergründe und Bedingungen, unter denen er entsteht, auf. Der zweite Teil ist den juristischen und politisch-sozialarbeiterischen Handlungsoptionen gewidmet. Der dritte Teil steht dann unter eher religionspädagogischen Fragestellungen.

Die dreizehn Artikel sind allesamt (ok, ich habe bislang fast alle gelesen) gut lesbar geschrieben. Sie enthalten klare Aussagen und gute Hinweise, worauf zu achten ist und hilfreiche Anregungen, dem Phänomen in der Schule zu begegnen. Insbesondere sind natürlich die Artikel der etwas schulferneren Personen anregend, weil sie einen anderen, neuen Blick auf die offenen Fragen liefern.

Na klar, die Lektüre erfordert neben dem Lesen Aktion! Der Nutzen des Buches ist zum einen der geweitete Blick, das tiefere Verständnis. Zum anderen – und das ist dann der größere Part – muss natürlich gehandelt werden. Schulprogramm, päd. Haltungen, interne Fortbildungen, usw. Aber in einem Artikel (Frank Buchheit, „Radikalisierung junger Menschen“) steht es treffend:

Also ist die „Radikalisierung“ schon wieder ein neues Thema für Schulen? Im Kern: Nein! Der schulische Erziehungs- und Bildungsauftrag sieht die Befähigung von Schülerinnen und Schülern vor, innerhalb der freiheitlich-demokatischen Grundordnung und im Geist der Menschlichkeit ihren staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten nachkommen zu können. […aber:] Zusammen mit anderen kann man besser, leichter und entlastender erkennen, verstehen und handeln!
(aus dem rezensierten Buch, S.112)

Ein wirklich gutes und im wahrsten Sinne vielseitiges Buch, das Schulleitern und Lehrkräften nützliche Impulse gibt und das auch die wissenschaftliche Diskussion nicht scheuen muss. Das Buch „Islamismus in der Schule – Handlungsoptionen für Pädagoginnen und Pädagogen“ ist in diesem Frühjahr im Vandenhoeck&Ruprecht-Verlag erschienen ist. Es hat 176 Seiten  und kostet bei Amazon 22,00€.

Update: Im Deutschlandfunk ist ein kurzer Beitrag zum Thema und zum Buch veröffentlicht worden.

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