Nachdem ich bereits zwei Bücher zum Thema „Resonanz“ von Hartmut Rosa gelesen hatte, war ich natürlich besonders neugierig auf die „48 Impulsarten zur Resonanzpädagogik“ von Hartmut Rosa, Wolfgang Endres und Jens Beljan.
Hier kommt der Praxistest!
Bevor ich jedoch zu den Karten komme, zu Beginn noch
ein schneller Blick zurück.
Es beginnt bei mir vor einigen Jahren, dass ich in Hartmut-Rosa-Texte hineinstolpere, wieder hinausfalle und mir vornehme, das mal zu lesen, wenn ich denn Zeit dafür finde.
Im März 2016 erschien bei Suhrkamp sein großes Werk „Resonanz: Eine Soziologie der Weltbeziehung„, das mit dem griffigen und viel zitierten Satz beginnt
Wenn Beschleunigung das Problem ist, dann ist Resonanz vielleicht die Lösung. (S. 13)
Das Buch ist in seiner soziologischen Gründlichkeit, Ausführlichkeit eher etwas für die Sommerferien, auch wenn es gut und verständlich geschrieben ist. (Hier das Inhaltsverzeichnis und die ersten 5 Seiten)
Und ich habe immer gedacht, das will ich eigentlich gar nicht, weil Langsamkeit erstens kein Selbstzweck ist – ein langsamer Notarzt oder eine langsame Internetverbindung sind einfach entweder gefährlich oder nervig. Und es würde aber auch nicht gehen: Wir können nicht einfach langsam machen und alles andere so lassen, wie es ist. [… ] ich will sagen, dass Beschleunigungsprozesse dort problematisch werden, wo sie unser Weltverhältnis so verändern, dass es zu Entfremdung führt, dass wir uns Welt nicht mehr aneignen, nicht mehr anverwandeln können. (Quelle: DLF Kultur vom 2.1.2016)
In Rosas Buch beziehen sich dabei jedoch nur 18 der 800 Seiten explizit auf Schule.
Bereits im November 2016 erscheint dann das Buch „Resonanzpädagogik – wenn es im Klassenzimmer knistert“ im Beltz Verlag. In diesem bebilderten und großzügig layouteten Buch lässt sich Hartmut Rosa von Wolfgang Endres auf etwas mehr als 100 Seiten Fragen zur Resonanz in der Schule stellen. Das liest sich durch die Gesprächsform gut und leicht. Motivation, Beziehungsbildung, Feedback, Vertrauen, Humor und für den Unterricht: Entfremdungs- und Resonanzdreieck mit den Eckpunkten: Lehrer, Schüler, Stoff.
Im Frühjahr erscheinen dann die „48 Impulskarten zur Resonanzpädagogik – Resonanz im Klassenzimmer“, ebenfalls im Beltz Verlag. Darin sind die beidseitig bedruckten 48 Karten und ein kurzes Heft zur Erläuterung. Jede Karte enthält eine Kernaussage zur Resonanzpädagogik und auf der Rückseite Erklärungen, sowie eine Anleitung für darauf abgestimmte Übungen.
Praxistest
In der letzten Ferienwoche trafen wir uns in der Schulleitungsrunde zur Vorbereitung des Schuljahres. Nach einem ausgiebigen Frühstück gleich zum Start der Sitzung habe ich Rosas Konzept kurz erläutert und jeden aus der Runde eine Karte ziehen lassen.
a) Welche Gedanken, Empfindungen oder Erinnerungen löst die Aussage bei mir aus?
b) (Wie) lässt sich diese Aussage auf unsere Schule übertragen?
Sieben Personen, jeder mit einer Karte und schon war eine knappe Stunde intensives Gespräch über (unsere!) Schule vorbei. Jede, jeder fing mit dem Zitat seiner Karte an, über sich und die Schule laut nachzudenken. Die anderen ergänzten, fragten nach. Die Inhalte der Karten halfen uns Mitgliedern der Schulleitungsrunde nach mehrwöchiger Pause, uns wieder einzuschwingen, eine gemeinsame Tonlage für das Schuljahr zu finden. Mit jeder neuen Karte entstand ein freier, ein lockerer und kleiner Reflexionsanlass: wie halten wir es mit Regeln, mit Dankbarkeit, Humor, Fehlern in der Schule?
„Ein resonantes Kollegium ist nicht nur ein funktionierendes Kollegium. Es ist ein Resonanzhafen.“ (Impulskarte F.4) – ich ergänze: das gilt auch für die Schulleitung.
Die Karten sind in 8 Kategorien à sechs Karten gruppiert. Diese orientieren sich am oben genannten Interview-Buch zur Resonanzpädagogik.
Was bringt’s?
Keine Rezepte, keine Blaupausen für resonanten Unterricht oder die resonante Schule! Das leisten die Karten nicht und diese Rezepte wird es auch nie geben.
Aber wir fanden einen angenehmen Einstieg in eine produktive Sitzung im Anschluss. Die Karten bieten schöne Einstiege, Anlässe, Gelegenheiten über Unterricht und Schule zu sprechen. Über sich und die eigene Weltsicht nachzudenken.
Die Erläuterungen und Übungen auf der Rückseite jeder Karte sind dabei hilfreich.
Was kostet’s?
Nicht viel Zeit: Karte ziehen, lesen, nachdenken, miteinander sprechen.
Und im Buchhandel €19,95.