Rezension: Hillert et al „AGIL – Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf“

Wenn Lehrkräfte neu an der Schule gestartet sind, lade ich nach circa vier Wochen zum einem Treffen ein. Grobe Überschrift: „Wie war der Start als Lehrer/in an dieser Schule? Was kann noch kommen?“ Die letzten Male rückte dabei das Thema Lehrergesundheit immer weiter in den Vordergrund. Also: wie bleibe ich als Lehrer gesund? Was mache ich, wenn es mir mal nicht gut geht mit/in dem Beruf?
Prof. Andreas Hillert hat mit sechs Kolleg/innen das Trainingsprogramm AGIL entwickelt, das diesen salutogenen Ansatz speziell für Lehrkräfte ausrichtet. Hierzu gibt es ein persönliches Arbeitsbuch, das auch ohne AGIL-Teilnahme bearbeitet werden kann. Es ist im späten Frühjahr 2019 bei Klett-Cotta / Schattauer erschienen.
Das Buch hat 9 Kapitel:

  1. Einleitung
  2. Am Anfang war der Stress
  3. Die vier AGIL-Module: Das infernalische Quartett
  4. Modul Achtsamkeit
  5. Modul Denkbarkeit
  6. Modul Möglichkeiten
  7. Modul Erholung
  8. AGIL und kein Ende
  9. Literatur, auch zum Weiterlesen

Was sofort angenehm auffällt, ist die Sprache der Autoren. Hier wird nicht um den heißen Brei herumgeredet, sondern es geht zur Sache. So sehr, dass die Autoren sich vorsorglich entschuldigen und dafür in einen Dialog mit dem Leser, der Leserin treten.

Diese einführenden Überlegungen waren Ihnen zu trocken und zu theoretisch?
Pardon!

Oder aus der Leseprobe, die man auf der Verlaggseite findet:

„Jetzt lese ich schon zehn Minuten in Ihrem AGIL-Buch … und ich weiß immer noch nicht, wie ich meine Probleme lösen und meinen Schulstress reduzieren kann! Bla-bla-bla …“
Falls dieses Zitat von Ihnen stammen sollte, haben wir dafür Verständnis! Ganz offenbar stehen Sie „unter Stress“ und suchen, wie wir alle in unserer hektischen Gesellschaft, nach schnellen und effektiven Lösungen, also nach Tools, mit denen sich unser Leben und/oder unsere Performance umgehend optimieren lassen. Niemand hat Zeit zu verschenken!
„Also kommen Sie zum Punkt … oder ich lege das Buch beiseite!“ (S.9)

Die ersten Male war das ungewohnt, aber ich war ganz froh, bei diesem nicht immer leichten Thema „Lehrergesundheit“, so locker angesprochen zu werden.

Die vier ModuleLehrergesundheit am Wasser

Jedes Kapitel (auch die Module) werden kurz vorgestellt: Was ist das zentrale Anliegen des Kapitels? Wer sollte sich angesprochen fühlen? Wie sieht der Fahrplan aus? Was sind die wichtigsten Inhalte dieses Kapitels? und es gibt stets ein Fazit. Also auch der eilige Leser kommt zum Zug.
Nach einer Einführung geht es um die vier Module, die im Zentrum des Programm stehen: Achtsamkeit, Denkbarkeit, Möglichkeiten, Erholung. Theoretisch sind die Module auch einzeln bearbeitbar, praktisch liest man dann doch alles.
Es ist ein Arbeitsbuch und wer nicht in das Buch hineinschreiben möchte, findet die Arbeitsblätter auf der Verlagsseite als Download.

Die Module in Superkurzform:
Achtsamkeit: gegenüber aufkommendem Stress. Frühwarnzeichen von Stress werden (besser) wahrgenommen und nicht übergangen. Entsprechend kann auf diese schneller und angemessener reagiert werden.
Denkbarkeit: Was sind Stressbeschleuniger, was sind Grübelkreisläufe? Hier wird gezeigt, wie diese gezielt unterbrochen werden können.
Möglichkeiten: vielfältiges Modul u.a. über Zeitgestaltung, Helfersyndrom, Selbstwertschätzung, Sinngebung im Beruf und Coaching mit dem „inneren Team“ (nach Schulz von Thun).
Erholung: wie geht Erholung und gelingt der Wechsel zwischen Erholung und Arbeit? arbeitsintensives Modul, u.a. mit dem wunderbaren Bild des Erholungsladens, wo die „Kosten“ für Erholung deutlich gemacht werden.

Kurse und Fazit

Auf der AGIL-Seite gibt es erste Hinweise zu AGIL-Kursen. In SH habe ich schon einen entdeckt (Link) sowie in MV (Link). In Bayern sei das Programm auch vom Ministerium „empfohlen“, aber da hab ich nur gefunden, dass sich Schulpsycholgen in Dilligen fortbilden können.

Ein wirklich lesens- und bearbeitenswertes Buch zur Lehrergesundheit. Es hat 213 Seiten und kostet bei Amazon 24,99€.

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