5.15 Uhr morgens. Während viele Menschen noch im Bett liegen und vom nächsten Urlaub träumen, springt irgendwo ein Schulleiter aus dem Bett – nicht nur, weil ihn die Vorfreude auf den bevorstehenden Schultag weckt, sondern weil ein vierjähriger Sohn beschlossen hat, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist,…
die Küche zu erkunden und sich selbst ein Müsli zu machen. („…kann ich schon `leine!“)
Schulleiter zu sein ist bunt und der Beruf alles andere als eintönig. Vor und nach den kleinen Konfliktlösungen, der Budgetplanung, der Personalrekrutierung und der Schulentwicklung findet man sich zu Hause in der Rolle des Geschichtenerzählers, des Monsterjägers unterm Bett und als einziger Experte für Pflasterabziehen wieder.
Schulleiter zu sein und in einer Familie mit kleinen Kindern zu leben, gleicht oft einem wackeligen Jonglierakt, bei dem die in der Luft zu haltenden Bälle, also die Aufgaben und Pflichten, zahlreich und vielfältig sind. Da sind zum einen die unzähligen, oft termingebundenen Aufgaben im Schulalltag: Konferenzen, Elterngespräche, Unterrichtsbesuche und die ständige Verfügbarkeit für die kleinen und großen Krisen, die in einer Schule an der Tagesordnung sind. Zum anderen wartet zu Hause die Familie, die eigenen Kinder, die mit ihren Bedürfnissen, Krankheiten und schulischen Herausforderungen ebenso aufreibend sein können. Ich mag das alles, ich mag beides sehr. Aber es zerreisst mich dann schon hin und wieder. „Wo mache ich Abstriche?“ Und wenn es zu viel ist, mache ich im Kopf eine schnelle Prio-Liste. (In Gesprächen mit anderen Schulleitungen hörte ich, dass es auch dort oft als erstes der eigene Unterricht ist, was leidet.)
Hauptschlüssel: zu Hause
Für alleinerziehende Schulleiter oder Schulleiterinnen steigt der Schwierigkeitsgrad dieses Balanceaktes exponentiell. Ich stelle mir das als eine unglaubliche Herausforderung vor. Denn ein krankes Kind kann den sorgfältigst geplanten Tag über den Haufen werfen, und plötzlich steht man vor der Herausforderung, die Schule zu leiten und sich gleichzeitig um ein krankes Kind zu kümmern, das nichts lieber möchte, als bei Mama oder Papa zu sein. Ich glaube daher, dass eine starke Partnerschaft und ein möglichst breites privates Unterstützungsnetzwerk nicht nur wünschenswert, sondern absolut notwendig sind. (Ach ja, und flexibel muss dieses Netzwerk auch sein). Jan-Martin Klinge schreibt drüben im Halbtagsblog auch viel über dieses Thema. – Wohl dem, der eine „Oma“ hat, die eben den Enkel betreuen kann. Bei uns hilft außerdem ein guter Babysitter, ein Onlinekalender und viele Gespräche am Abend (oder per SMS).
Netzwerk zu Hause und viel Orga sind der erste Schlüssel und auch der Hauptschlüssel, damit es funktioniert.
Zweiter Schlüssel: Schulorganisation
Für den zweiten Schlüssel ein bisschen Sprüchekiste: Es bedarf eines Dorfes, um ein Kind großzuziehen … in diesem Fall auch noch einer Schule.
Dazu braucht es gut organisierte Absprachen im Schulleitungsteam und in der gesamten Schulfamilie. Sich zu trauen, die eigene Situation und Engpässe offen anzusprechen, offen zu bleiben für die Unterstützung des eigenen Teams und vor allem das gesamte Aufgabenfeld in der Schulleitung zu sortieren und Vertretungsregelungen festzulegen. Die Möglichkeit, als Schulleiterin oder Schulleiter in dieser Weise umsichtig zu delegieren, schafft nicht nur Freiräume für die unvorhergesehenen Herausforderungen des Familienlebens, sondern kann auch ein vertrauensvolles Klima in der Schule fördern.
Schulleitung mit kleinen Kindern ist möglich. Klar – es ist ’n büschen was zu tun, zu organisieren. Aber in welchen Lebenssituationen ist es das nicht?? Kleine Kinder zu haben, muss kein Hinderungsgrund sein, diesen tollen Job zu machen.
Am Ende noch eine Bewusstmachung – auch Schulleiter dürfen (kinder-)krank sein, dürfen auch mal nicht können, dürfen auch Mensch sein. Die Erwartung, dass eine Führungskraft immer und ewig funktionieren muss, ist nicht nur unrealistisch, sondern auch eine ungesunde Haltung.
2 Gedanken zu „Schulleiter sein und kleine Kinder haben: Balanceakt auf dem Drahtseil“
Hallo Timo, das hast Du sehr gut rüber gebracht.In erster Linie geht immer die eigene Familie vor; denn das ist das Problem vieler Eltern in der heutigen Zeit.Du hast Verständnis.Gut so.Liebe Grüsse, Loni
Danke für diesen (überraschenden fast innerfamiliären) Kommentar! 🙂